Diese Woche war Facebook-Gründer Mark Zuckerberg in Deutschland, um Werbung für das von ihm geschaffene und weltweit am meisten genutzte soziale Netzwerk zu machen. Hierzulande ist ja insbesondere die Jugend nahezu flächendeckend bei der Konkurrenz, nämlich StudiVZ, organisiert, aber offenbar will Zuckerberg das ändern.
Grund genug also, hier einmal über Erfahrungen mit der Facebook-Seite der Stabi Hamburg (leider nur für Account-InhaberInnen einzusehen) zu berichten. Seit knapp einem Jahr ist es nämlich bei Facebook möglich, neben persönlichen Profilen auch Seiten für Produkte, Firmen oder eben Bibliotheken (ja, es gibt einen Extra-Seiten-Typ für Bibliotheken!) einzurichten und auf diesem Weg Präsenz im Web 2.0 zu zeigen. In den USA, wo Facebook Marktführer ist, schnellte die Zahl der Bibliotheken mit Facebook-Präsenz rasch nach oben, und in einschlägigen Foren wird intensiv über mögliche Dienste von Bibliotheken auf Facebook diskutiert – hierzulande berichtete Patrick Danowski darüber.
Eine Seite bei Facebook ist rasch zusammengeklickt: Foto hochladen, Adressdaten und Ã?ffnungszeiten eingeben, eine RSS-Application installieren und darüber den Feed des eigenen Blogs integrieren: Keine 10 Minuten Arbeit.
Dann: Auf Fans warten. Keine Angst vor dem „Leeres Restaurant“-Symptom: VertreterInnen der Bibliothek 2.0-Szene in Deutschland sind innerhalb von wenigen Tagen dabei und beleben die Bühne. Wo Tauben sind, fliegen Tauben zu: Unsere Stabi-Seite zählt mittlerweile stolze 82 Fans, und ich würde sagen, dass mehr als die Hälfte „echte“ User sind, also nicht aus der Sympathisanten-Szene kommen.
Um wen handelt es sich da? Meinem Eindruck nach vornehmlich um Studierende, die im Ausland waren und deswegen auch eine internationale Plattform zum Austausch nutzen, sowie um auffällig viele türkischstämmige Studierende – kein Wunder, auch in der Türkei ist Facebook Netzwerk Nummer 1.
Was machen die da? Nicht viel, auÃ?er zunächst einmal (und das an sich ist rar) Verbundenheit mit der Bibliothek zu demonstrieren – dies auch bisweilen etwas kritisch, wie eine andauernde Diskussion auf dem mitgelieferten „schwarzen Brett“ über fehlende Steckdosen in den Lesesälen zeigt. Aber wir haben auch damit experimentiert, auf diesem Weg zu Veranstaltungen einzuladen: Einen Workshop zum Thema Literaturverwaltung mit Zotero bewarben wir per Mail an alle Fans – der Schulungsraum war voll und die Facebook-Seite zu dem Event war gleichzeitig ein Diskussionsforum zu dem Thema.
Was könnte man noch machen? Schade, dass Software-EntwicklerInnen in Bibliotheken chronisch ausgelastet sind, sonst könnten die sicher ein Katalog-Widget bauen, das sich die Fans dann sogar auf ihren Seiten installieren und von dort aus im Katalog recherchieren könnten. Das jOPAC-Widget der Bremer Jacobs-University ist ein gutes Beispiel dafür, meines Wissens aber leider (noch?) nicht Facebook-tauglich. Andere Bibliotheken bieten Chat-Applikationen an oder stellen BibliothekarInnen vor, die für Beratungsgespräche über Facebook zur Verfügung stehen. Die potenzieller Aktivitäten ist lang, der Artikel Connecting and Communicating with Students in Facebook liefert weitere Inspiration.
Fazit: Facebook ist eine ideale Spielwiese, um bibliothekarische Aktivität in sozialen Netzwerken zu testen. Zum einen deswegen, weil man mit wirklich wenig Aufwand Präsenz zeigen kann – jegliche RSS-basierten Dienste wie Blogs und Neuerwerbungslisten können problemlos eingebunden werden. Zum anderen deswegen, weil das Netzwerk in Deutschland noch recht klein ist und die BenutzerInnen solchen Experimenten sehr wohlgesonnen gegenüber steht. Und wer auf dem Geschmack kommt, hat bei Facebook definitiv mehr Entwicklungsspielraum als beim deutschen Pendant. Nein, ich bin nicht mit Zuckerberg verwandt, und ich halte bestimmte Werbepraktiken, die auf Facebook ausprobiert wurden, auch nicht unbedingt für koscher – aber mir gefallen eben Lösungen, wie man insbesondere studentische Klientel auf Augenhöhe und mit gewisser Trendkompetenz erreichen kann.